1870

4. Januar 1870 … Die erste Ausgabe des »Heider Anzeigers« erscheint. Als Verleger hinter der neuen Tageszeitung steht Johann Andreas Ebel. Sein Betrieb in Heide vereint Verlag und Druckerei, bietet Anzeigenschaltung und Akzidenzdrucke. Die frühen Ausgaben des »Heider Anzeigers« werden noch nach der etwas behäbigen Gutenberg-Methode gedruckt; die Zeitung erscheint zunächst zweimal wöchentlich, viele Berichte werden von Korrespondenten mit der Post geschickt oder aus anderen Zeitungen übernommen.

1883

1883 … Johannes Andreas Ebel übergibt das Zeitungsgeschäft an seinen Sohn Rudolf und führt selbst lediglich die Akzidenzdruckerei weiter.

Rudolf Ebel bezieht neue Räumlichkeiten in der Heider Chausseestr. 19 (heute Meldorfer Straße), wo das Unternehmen bis 1913 bleiben wird. Der »Heider Anzeiger« ist weiter auf Erfolgskurs, im Jahr 1887 ist die Auflage auf 2.400 Exemplare gestiegen, sodass Ebel zwei Jahre später eine neue Schnellpresse anschaffen muss.

Zur Optimierung der Drucktechnologie schaffte Ebel 1874 eine Schnellpresse an, die zwar noch mit der Hand bewegt werden musste, nun aber fortlaufend zwei Seiten gleichzeitig drucken konnte.

1904

Friedrich Johnsen stößt zunächst als Redakteur und technischer Betriebsleiter zum »Heider Anzeiger«. Ein knappes Jahr später wird er Geschäftsführer des Gesamtunternehmens, das er durch den Ersten Weltkrieg und bis in die Zeit der Weimarer Republik leiten wird.

Johnsen zeigt sich rasch als weitsichtiger Unternehmer, der die Chancen der fortschreitenden Industrialisierung erkennt. Dazu gehören etwa der erhöhte Bedarf von Firmen und Händlern an Werbedruckmaterialien, aber auch die wachsende Nachfrage nach Büchern. Auf diese Entwicklungen reagiert Friedrich Johnsen strategisch: Unter seiner Führung wird die Druckerei modernisiert, ausgebaut und der Werkdruck – neben Zeitungs- und Akzidenzdruckerei – als dritter Unternehmenszweig etabliert. Es erscheinen nun auch Bücher und Zeitschriften. 

1914

Im ersten Weltkrieg berichtet der »Heider Anzeiger« durchweg patriotisch und meist auch beschönigend. Illustrationen fehlen dabei, Karten zur Orientierung gibt es nur selten. Die Schilderungen des Kriegsverlaufs lassen das wahre Ausmaß der deutschen Truppenverluste nur erahnen, einen Hinweis geben aber die ebenfalls abgedruckten Todesanzeigen für die Gefallenen aus Schleswig-Holstein. Ebenfalls präsent bis zum Kriegsende sind Anzeigen, die für den Erwerb von Kriegsanleihen werben – tatsächlich bringen Anleihen während des gesamten Kriegs so viel ein, dass sie rund 60% der Kriegskosten decken.

Im Herbst 1918 berichtet der »Heider Anzeiger« über den Kieler Matrosenaufstand, den entscheidenden Impuls für die Novemberrevolution.

1926

Der »Heider Anzeiger« erscheint mittlerweile in einer erneuerten und moderneren Aufmachung, die ihn heutigen Tageszeitungen deutlich näherbringt. Anders als bisher gibt es nun durchgängig Schlagzeilen – bislang fanden sich diese nur auf dem Titelblatt – und mehrspaltige Überschriften. Außerdem erscheinen illustrierte Beilagen als »Unterhaltungsblatt«. Inhaltlich fallen die Stellungnahmen der verantwortlichen Redakteure deutlicher und pointierter aus als früher. 

Die wichtigste Neuerung in der Berichterstattung sind aber die ersten Schwarzweiß-Fotos, welche vereinzelt die Meldungen begleiten. Möglich gemacht wird ihre Nutzung durch die neuen technischen Möglichkeiten zur Umwandlung von Rollfilmfotos in Druckvorlagen. Eines der ersten im »Heider Anzeiger« gedruckten Fotos zeigt Reichspräsident von Hindenburg.

1929

Nach dem plötzlichen Tod Friedrich Johnsens im Mai 1929 übernimmt wenig später sein Schwiegersohn Max Boyens die Geschäftsleitung des »Heider Anzeigers«. Der junge Mann hat bereits Erfahrungen im Unternehmen gesammelt.

Geboren im Jahr 1900 auf Föhr macht Boyens sein Abitur in Heide, wo er bei der Familie Johnsen wohnt und auch Friedrich Johnsens Tochter Erika kennenlernt. Danach studiert Boyens zunächst in Göttingen Medizin, bricht sein Studium aber auf Anraten Friedrich Johnsens ab und sattelt um: Er absolviert eine Buchdruckerlehre sowie einige Semester Volkswirtschaftslehre. 1927 heiratet er Erika Johnsen und tritt im gleichen Jahr in den Betrieb seines Schwiegervaters ein.

1933

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung ändern sich auch die Rahmenbedingungen für Pressearbeit in Deutschland. So schränkt das 1934 in Kraft getretene Schriftleitergesetz drastisch ein, wer überhaupt noch journalistisch tätig sein darf. Die »Anordnung zur Beseitigung der Skandalpresse« von 1935 verschärft die Mechanismen staatlicher Zensur weiter: Auch Zeitungsverleger können nun Berufsverbot erhalten. 

Weil der »Heider Anzeiger« als kleines Regionalblatt zunächst weniger streng kontrolliert wird, bleibt er von den Anordnungen des NS-Regimes weitgehend unbehelligt und kann weiterhin erscheinen. Die schon vor 1933 stark nationalistische Berichterstattung wird im Zuge der fortschreitenden Gleichschaltung der Presse aber immer stärker durch NS-Rhetorik geprägt.

Trotz allem kann Max Boyens sein Unternehmen auch in diesen Jahren auf Erfolgskurs halten und beispielsweise 1937 das Verlagsgebäude am Wulf-Isebrand-Platz grundlegend modernisieren.

1939

Auch während des Zweiten Weltkriegs kann der »Heider Anzeiger« weiter erscheinen, wenngleich der zunehmende Mangel an Papier und Personal ihm schwer zu schaffen machen. Dazu kommt die Konkurrenz durch parteiinterne Zeitungen, etwa im nahegelegenen Itzehoe: Diese haben ingesamt deutlich weniger Leser als die verbliebenen privaten Zeitungen Schleswig-Holsteins, drücken aber die Auflagenzahlen. Auch die Auflage des »Heider Anzeigers« geht bis zum Kriegsende um gut ein Drittel zurück. Doch immerhin bleibt er als einer der wenigen schleswig-holsteinischen Zeitungsbetrieben bestehen und auch von der Enteignung durch das NS-Regime verschont.

Im Lauf der Zeit werden die Ausgaben immer dünner, NS-Propaganda nimmt zum Kriegsende hin einen immer größeren Platz in der Berichterstattung ein.

1956

Dank des Wirtschaftsaufschwungs der 50er Jahre verbessert sich nicht nur die finanzielle Situation, sondern auch die technische Infrastruktur des Betriebs weiter. Durch das Wachstum werden bald bauliche Anpassungen notwendig, weil die bisherigen Räumlichkeiten am Wulf-Isebrand-Platz endgültig zu klein geworden sind.

Deshalb entsteht nun ein großer Um- und Neubau mit dem Ziel, eine Generallösung für Verlag, Buchhandel, Redaktion und Verwaltung zu schaffen. Die beiden bestehenden Betriebsgebäude werden zu einem zusammengefasst, ein weiteres Grundstück wird hinzugekauft.

Die Baumaßnahmen werden im Herbst 1957 fertiggestellt, die »Dithmarscher Landeszeitung« feiert die Einweihung am 11. Oktober mit einer Sonderseite und titelt: »Das moderne Verlagshaus an der Westküste. Heimstatt des guten Buchs – DLZ in neuen Räumen«.

1975

Am 4. April stirbt Max Boyens nach schwerer Krankheit. Die »Dithmarscher Landeszeitung« würdigt ihn in einem Nachruf unter der Überschrift »Vielseitiger Verleger – Engagierter Zeitungsmann – Ehrbarer Kaufmann«.

Die Nachfolge tritt sein Sohn Uwe Boyens an. Er ist bereits 1959 im Alter von 28 Jahren ins Unternehmen eingestiegen und hat in den 60er Jahren die technische Entwicklung des Betriebs grundlegend mitgeprägt. 

Nun übernimmt Uwe Boyens die Gesamtleitung als persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter. In den folgenden Jahren – bis 2003 – wird er die weitere Entwicklung zum modernen Dienstleistungsunternehmen einleiten und für zahlreiche technische Innovationen im Betriebsablauf verantwortlich zeichnen.

1984

Nachdem sich der rechnergestützte Fotosatz im Betriebsablauf etabliert hat und das Unternehmen weiter wächst, wird in den 80er Jahren eine erneute Betriebserweiterung notwendig: Es muss Platz für eine neue Offsetrotation mit Versandstraße und Papierlager geschaffen werden.

Darum erwirbt Uwe Boyens weitere Grundstücke am Wulf-Isebrand-Platz und lässt umfangreiche Baumaßnahmen anlaufen: Für die neuen Produktionsräume werden neue und alte Gebäudestrukturen miteinander verbunden, die Druckerei in einem zusammenhängenden Komplex untergebracht. Die Betriebsfläche wird so schlagartig verdoppelt.

1995

Die Westholsteinische Verlagsanstalt und Verlagsdruckerei Boyens und Co. kann ihr 125-jähriges Bestehen feiern. Der Schwerpunkt liegt in diesem Moment noch auf dem Verlagsbetrieb – Zeitungs-, Buch- und Zeitschriften- sowie Adress- und Telefonbuchverlag bilden die Unternehmenssäulen, dazu die Druckerei und fünf eigene Buchhandlungen.

Das Unternehmen ist zu diesem Zeitpunkt der zweitgrößte private Arbeitgeber in Heide, die verlegten Zeitungen – die »Dithmarscher Landeszeitung« und die »Brunsbütteler Zeitung« – bringen es innerhalb Dithmarschens auf einen Marktanteil von 80 Prozent.

1998

Durch das kontinuierliche Unternehmenswachstum kommen die bestehenden Produktionsräumlichkeiten einmal mehr an ihre Grenzen. Ein weiterer Ausbau der Betriebsfläche am Wulf-Isebrand-Platz ist aber nicht möglich, deswegen weicht man auf das Gewerbegebiet in Weddingstedt aus: Dort hat Uwe Boyens bereits in den 80er Jahren mehrere Grundstücke erworben. Jetzt entsteht dort ein neues Druckhaus, das eine größere Zeitungsrotation samt zusätzlicher Produktionsmöglichkeiten und einer Versandstraße beherbergt.

Bereits bei seiner Inbetriebnahme 1998 ist das Druckhaus Weddingstedt das modernste an der Westküste, im Schnitt entstehen hier bis heute rund 760.000 Zeitungen pro Woche – und 150 Millionen Beilagen pro Jahr.

2004

Nachdem Uwe Boyens zum Jahresende 2003 in den Ruhestand geht, übernehmen seine Kinder Inken und Sönke Boyens die Unternehmensleitung. Beide sind bereits in den 90er Jahren ins Unternehmen eingetreten, nun führen sie die Familientradition fort. Mit dem Generationswechsel kommt auch eine erneute Umfirmierung: Aus der »Westholsteinischen Verlagsanstalt und Verlagsdruckerei Boyens und Co.« wird nun die »Boyens Medien GmbH und Co. KG«.

Gleichzeitig fungiert Boyens Medien längst nicht nur als Anbieter klassischer Printprodukte, sondern auch als innovativer Internet-, Web- und App-Dienstleister.

2020

Vor 150 Jahren setzte der Kaufmann Johann Andreas Ebel seine Vision einer Tageszeitung in die Tat um. Seitdem hat sich viel getan: Boyens Medien ist heute ein breit aufgestellter Dienstleister für Print- und digitale Medien. Über 300 Mitarbeiter sind im Unternehmensnetzwerk beschäftigt.

Die Tageszeitungen bleiben weiterhin Herzstück und Flaggschiff des Medienhauses und erreichen eine Gesamtauflage von mehr als 32.000 Exemplaren. 67.000 Haushalte in Dithmarschen werden jede Woche mit den regionalen Anzeigeblättern aus dem Hause Boyens versorgt; das Programm des Boyens-Buchverlags umfasst mittlerweile über 500 Titel rund um Norddeutschland. Reichweitenstark bleibt auch der Telefonbuchverlag, der u.a. acht Örtliche Telefonbücher mit einer Gesamtauflage von 320.000 Exemplaren pro Jahr herausgibt.